Schlagwort: Gewalt (Seite 7 von 7)

Wir sind das Volk

Mad Germany

Und nun
sitze ich hier
mir wird Angst und bange
in diesem Lande
mit diesem Volk,
das ständig schreit:
wir sind das Volk.
Aufrechte Bürger,
besorgte Bürger
nennen sie sich.
Klingt erstmal gut,
sie sorgen sich,
sie sind unzufrieden,
aber
warum eigentlich?
Da gibt es Menschen,
die fliehen
vor Krieg und Terror
und aufrechte Bürger
interessiert es nicht?
Diese Besorgten
kamen vor kurzem
über eine Grenze,
die für sie unerreichbar schien.
Nun dürfen andere
nicht dasselbe wollen?
Frieden und Freiheit,
so selbstverständlich
für uns
aus dem Westen
frei und unabhängig,
nie besorgt
auch nicht aufrecht,
einfach nur da,
wenn es um Demokratie
und Empathie geht.
Wir sind das Volk?
Ja das sind wir!
In jeder Beziehung,
wenn es darum geht,
Bedrohten, Verfolgten,
Misshandelten zu helfen.
Wir sind das Volk!
Wir brechen Mauern,
wir lassen Verfolgte ein.
Wir helfen,
wenn Not ist.
Wir sind das Volk.
Und das wird kein Nazi,
AfDler oder
wer auch immer ändern!
Wir sind
ein bevorzugtes Volk,
das die Gnade hat,
anderen helfen zu können,
weil es uns gut geht.
Weil wir geben können.
Weil wir zuviel von allem haben.
Weil wir keinen Krieg haben,
sondern ihn machen.
Weil wir ein Volk sind,
das gelernt hat,
aus schrecklichen Untaten,
aus der Vergangenheit.
Wir, du und ich und du,
wir sind das Volk!

©S. Adameit

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Anne Frank

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Wenn still die Tränen rinnen,

kein Schluchzen,

nur tiefe Trauer,

so tiefer Schmerz.

Vor kurzem erlebte ich,

das Anne Frank-Oratorium,

das war so ein Moment,

da liefen die Tränen,

ungefragt, ungewollt,

vor lauter Schmerz,

vor lauter Hilflosigkeit,

was Menschen Menschen antun,

was Menschen erleben müssen,

und ich mich frage,

was bist du?

Mensch?

Wer bist du?

Was macht dich aus?

Du erhebst dich über alles,

ich finde keinen Grund.

Ich finde keine Entschuldigung.

Tränen rinnen, aber können nicht helfen,

nicht reinigen, nichts ändern.

Du fühlst,

sie zeigen deine Angst

deine Hilflosigkeit,

dein Unverständnis,

in einer Zeit,

in der sich nun alles wiederholt.

Nichts gelernt,

nichts verstanden.

Anne Frank,

du bist vergeblich gestorben.

©Sabine Koss

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Die zwei Gesichter

 

Sind das die liebenden Hände, die sie kennt? Wie kann so etwas möglich sein. In der letzten Nacht waren sie zärtlich. Tasteten sich an den Schultern den Rücken entlang zu den Stellen, die ihr soviel Lust zu geben vermochten. Sanfte Worte flüsterte er dabei. Ein wunderschönes warmes Gefühl der Geborgenheit durchfloss sie. „Ich liebe dich“, hauchte er.

Kalt sind seine Augen und hart. Der Schlag hat gesessen. Durch die Wucht wird sie gegen die Heizungsrippe geschleudert. „Du bist der letzte Dreck! Dich sollte man an den Haaren hinter einem Auto herziehen.“
Zitternd kauerte sie an der warmen Heizung. Ihr fehlen die Worte.
Blut rinnt am Ohr herunter. Von der folgenden Ohrfeige reißt ihre Lippe auf. Die nächste traf das Auge.

Der Vortrag, den er auf der Vernissage hielt, wurde stürmisch beklatscht. Seine intelligente und differenzierte Herangehensweise an die Technik des Malers und seiner Vita begeisterte das Publikum.
„So ein sensibler Mann, Sie können sich glücklich schätzen“. ‚Wenn ihr wüsstest‘, dachte sie bei sich. Laut sagte sie: „Ja, er hat sich sehr lange auf diese Ausstellung vorbereitet. Ich habe ihn Tage nicht gesehen, weil er sich in den Bibliotheken vergraben hatte“. Am Morgen noch waren sie gemeinsam Make-Up kaufen gegangen, um die blauen Flecke im Gesicht zu kaschieren. Sie war mittlerweile eine perfekte Maskenbildnerin geworden. Es war so gut wie nichts mehr zu sehen von der letzten Nacht. Zärtlich sah er sie an und prostete ihr mit einem Glas Champagner zu. Die sehnsüchtigen Blicke der Damen wandten sich enttäuscht ab. Sie hätten gerne mit ihr getauscht. Sie kannten nur ein Gesicht von ihm. Das andere kannte nur sie.

© Sabine Adameit

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