Schlagwort: Krankheit (Seite 1 von 2)

Der Notfall

Langsam entfernt sich der Rettungswagen vom Hof. Sie versucht, einen klaren Kopf zu bewahren und nun an das Notwendige zu denken. Badutensilien und Kleidung für ihn einpacken. Mitten in der Nacht ist es gar nicht so einfach, an alles zu denken, aber man kann sich die Notfälle ja nun mal nicht aussuchen. Auf der Fahrt zum Krankenhaus malt sie sich die schrecklichsten Szenarien aus. Was ist, wenn er sich dort in seinem geschwächten Zustand noch eine Lungenentzündung einfängt oder er hat sie schon. Was, wenn die Ärzte es nicht erkennen oder die Viren und Bakterien resistent sind und die Medikamente nicht mehr anschlagen? Man hört so etwas ja immer wieder. Düster blickt sie in die Zukunft. Die trauernde Witwe, das Haus, der Garten, die Tiere. Verzweiflung macht sich breit. Das Schlimmste ist, dass sie sich gar nicht verabschieden konnten. Es ging alles so schnell.
„Ah, da sind Sie ja. Sie können Ihren Mann gleich wieder mitnehmen. Wir haben ihm etwas Hustensaft gegeben. Es ist nur eine einfache Männergrippe“.
Copyrights Sabine Adameit

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Der nette Nachbar

Lonely

Es ist so langweilig nach der Schule. Er nimmt seinen Ball und bolzt ihn gegen die Wand an den Garagen des Hochhauses. Die Kinder hier sind alle schon älter. Sie wollen nicht mit ihm spielen. Die Eltern sind noch auf der Arbeit. Die meisten Nachbarn regen sich immer fürchterlich auf, wenn er hier spielt. Wegen des Lärms, sagen sie. Einen Spielplatz gibt es hier nicht. Was soll er denn sonst machen? 

Vielleicht kommt ja heute wieder der einzig nette Nachbar zu mir. Er hat ein Moped und nimmt mich manchmal mit. Er hört mir zu und er mag mich, glaube ich. Meine Schulkameraden sind mir meistens zu albern. Mit ihm kann ich ganz gut reden, so, wie ich mir einen Freund vorstelle, obwohl er reichlich älter ist. Er ist fast so alt, wie meine Eltern. Egal, es gibt also auch nette Erwachsene. 

 
„Hallo Stefan, ich will mal wieder eine kleine Tour machen. Willst du mit?“
Freudig begrüßte ich ihn. „Hallo Mark, ja klar, gerne“
Es war ein strahlender, warmer Herbsttag. Er gab mir einen Helm und schon gings los. Wir fuhren raus aus der grauen Stadt. Ein tolles Gefühl, so schnell auf der Landstraße zu fahren. Die Bäume rasten an mir vorbei. Sie dufteten so schön, ganz anders, als dieser Gestank in der Stadt. Ich fühlte mich sehr erwachsen. Ich bin nicht sicher, ob meine Eltern mir das erlaubt hätten. Aber sie müssen ja nicht alles wissen. Im Nachbarort spendierte er mir ein Eis. Vanille mit Schokoladensoße. Ich wollte gar nicht mehr nach Hause, aber Mark meinte, nun sollten wir zurückfahren. Die Rückfahrt machte mich etwas traurig. Zuhause bin ich wieder alleine. Dort ist es langweilig.
„Willst Du mit zu mir kommen, oder musst Du nachhause?“ „Ich habe noch Zeit, meine Eltern kommen erst in zwei Stunden nachhause“, sagte ich. „Na dann können wir ja noch etwas Musik bei mir hören“, meinte Mark. 
„Zieh doch deine Jacke aus, Junge. Machs dir gemütlich“. In seiner kleinen Wohnung gab es kein Wohnzimmer. Er bot mir einen Platz auf seinem Bett an. Er hatte eine riesige Plattensammlung. Zu jeder Platte erzählte er mir eine Geschichte. Ich war begeistert. Er saß dicht neben mir und legte seinen Arm um mich.

 
„Was ist denn mit dir? Du bist so still heute. Du ißt ja gar nicht. Schmeckt es dir nicht?“ fragte meine Mutter besorgt, als wir beim Abendessen saßen. Ich schüttelte stumm den Kopf und kämpfte mit den Tränen. „Was hast du denn heute so getrieben?“ „Nichts“, antwortete ich kurz und ging in mein Zimmer. Vor Schmerz und Scham würde ich am liebsten sterben.
Copyrights Sabine Adameit

 
 
 

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